<
TxT · № 3

Das Amtshaus an der Neugasse wurde seit der Fertigstellung im Jahre 1921 niemals umfassend renoviert. Ein Glücksfall, denn der Bestand war weitgehend im Originalzustand erhalten und konnte für die Nachwelt bewahrt werden. Ganz wie früher sieht es nach der Sanierung dann aber doch nicht aus: So wie sich die Verwaltung in Laufe der Zeit geändert hat, erscheint auch das Amtshaus in neuem Glanz.




>
*
Dokumentation Hochbauamt, 2011 | N° 160
November 2011
Pdf

Innen- und Aussensanierung Amtshaus

Das Amtshaus hatte eine tiefgreifende Erneuerung bitter nötig. Das Gebäude wurde zwar immer vorbildlich unterhalten, wirkte aber nach neun Jahrzehnten Pinselrenovationen alles andere als frisch. In den Gängen machte sich eine gut abgehangene Verwaltungsstimmung breit, und die Leuchten aus den Sechzigerjahren hatten nicht die Strahlkraft, um Heiterkeit aufkommen zu lassen. An allen Ecken und Enden zeigte sich die Gebäudetechnik in provisorischen Installationen, die Sanitäranlagen hatten ihre Lebensdauer schon mehrfach überschritten. Der Energiebedarf des Gebäudes war sehr hoch und die Anforderungen an Feuerschutz, Sicherheit und hindernisfreies Bauen konnten nicht mehr erfüllt werden. Zudem war die Signaletik nie übergreifend gelöst worden: Nachdem die Gebäude an der Marktgasse 12 und Neugasse 25 ebenfalls durch die Stadtverwaltung belegt wurden, folgte die Nummerierung der Büros keinem nachvollziehbaren System mehr.

Farben mit Wirkung

Die Anmutung des Amtshauses war anfänglich zwar nüchtern, aber von einem eigenen, spröden Charme. Dies belegen nicht nur Bilder aus der Zeit der Erstellung, sondern auch die zahlreichen Untersuchungen der Denkmalpflege. Die ursprüngliche Bemalung wurde akribisch ermittelt und bildete die Grundlage für das Farbkonzept des geschützten Gebäudes. In den Gängen zeigt sich nun wieder das harmonische Zusammenspiel der blassgelben Wände mit den dunkel gerahmten Türen. Am augenfälligsten ist die Sanierung im Treppenhaus. Der Zürcher Künstler Adrian Schiess schuf eigens für das Amtshaus Farbtöne, die einen Kontrapunkt zu dessen Farbwelt setzen: ein kräftiges Grün und ein warmes Pink beleben nun die beiden Haupttreppenhäuser. Seit diese Farben im Amtshaus erstrahlen, sehen nicht nur die Angestellten der Stadt ihren Wirkungsort mit neuen Augen, auch die Besucherinnen und Besucher nehmen die Verwaltung in einem neuen Licht wahr. Es spricht für die Cleverness des Eingriffs, dass mit dieser einfachen Intervention so viele Emotionen ausgelöst werden konnten.

Um die Orientierung zu vereinfachen wurde die Signaletik erneuert und eine einheitliche Nummerierung über alle drei Häuser geschaffen. In Ziffern aus Blattgold strahlen nun die neuen Nummern auf den Bürotüren und verleihen den Gängen einen zurückhaltenden, aber feierlichen Schmuck. Alle Massnahmen leiten sich so weit wie möglich vom Orginal ab, denn es war ein durchgehendes Konzept, dass die Planerinnen und Planer nach einer zeitgemässen Umsetzung der ursprünglichen Machart suchten. Dies führte auch zu den neuen Leuchten in den Gängen, welche an die nackten Glühbirnen erinnern, die einst in den Rosetten der Stuckdecken steckten. Die Beleuchtungsplanung war aus einem Wettbewerb hervorgegangen und setzt zwei klare, aber grundliegend unterschiedliche Akzente. Zu den Birnenleuchten kam in den Treppenhäusern eine durchgehende LEDLeuchte hinzu, die keinen Zweifel an ihrer zeitgenössischen Herkunft lässt. Eines ist allen Leuchten gemeinsam. Über modernste Leuchtmittel und Tageslichtsteuerung helfen sie mit, Energie zu sparen.

Camouflage

Die Fassaden wurden gestrichen, die Sandsteingewände gereinigt und aufgefrischt. Auch der Innenhof und der Gefängnisteil wurden erneuert; Aufgrund der erhöhten Sicherheitsanforderungen musste die Baustelle mit Stacheldraht gesichert werden. Der knapp hundertjährige Kratzputz in den Innenhöfen war noch so gut erhalten, dass er lediglich gereinigt und stellenweise ausgebessert werden musste. Auch hier war die Haltung von Gähler Architekten, nur dort eine neue Lösung anzustreben, wo die Anforderungen keine Alternative zuliessen. Wo neue Einbauten nötig waren, wurden diese so weit wie möglich an den Bestand angepasst. Die Keramikplatten in den Toiletten bieten mit ihrer rissigen Glasur und dem bedeckten Farbton eine perfekte Kombination von Hygiene und Vintagelook.

Auch bei der Sicherheit waren Anpassungen unumgänglich. Die Handläufe der Treppen wurden um zehn Zentimeter angehoben und die Fenster in den Bereichen mit Publikumsverkehr mit Absturzsicherungen versehen. Ein wichtiges Anliegen war der erleichterte Zugang für Menschen mit Behinderung. Um alle Einrichtungen an einem Ort zu konzentrieren, wurde der Lift im Ostteil des Gebäudes angepasst, wo sich auch die rollstuhlgängigen Toiletten und die automatische Eingangstüre befinden. Die grössten Eingriffe haben kaum sichtbare Spuren hinterlassen. Durch die Dämmung von Estrich und Keller konnte der Bedarf an Heizenergie um fast einen Drittel gesenkt werden. Und da sich die Fenster noch in einem guten Zustand befanden, wurden sie lediglich gerichtet und restauriert. Die neuen technischen Installationen wurden ebenso unsichtbar eingebaut wie die Evakuationsanlage und die Brandschutztüren. So zeigt sich das Amtshaus fast wie vor hundert Jahren. Aber eben, nur fast.


Marko Sauer am, 26 11 2012

*